Batterien für Hybrid-Oberleitungsbusse (2/5)
Der erste Artikel unserer Batterie-Universität führte die Leser in die Thematik der Batterien zum Antrieb von Fahrzeugen ein. Unser zweiter Artikel soll O-Bus-Betreibern und -Investoren einen umfassenden Überblick über die Auswahl alternativer Antriebe, insbesondere Batterieantriebe für Hybrid-Oberleitungsbusse, geben.
Die Geschichte der Oberleitungsbusse
Der Hybrid-Oberleitungsbus ist ein relativ neues Konzept, das mit dem Aufkommen der Elektromobilität und dem Einsatz von Traktionsbatterien in Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs entstanden ist. Der O-Bus als solches ist jedoch seit mehr als einem Jahrhundert bekannt. Der erste O-Bus erblickte 1882 das Licht der Welt. Er wurde Elektromote genannt und sein Erfinder war Werner von Siemens. Das Fahrzeug, das wie eine Pferdekutsche aussieht, fuhr sechs Wochen lang versuchsweise in Berlin.
Hier können wir eine interessante Parallele sehen: Während das erste Elektroauto 1835 erschien und das erste Elektrofahrzeug 1899 die 100-km/h-Marke durchbrach, wurde der erste Oberleitungsbus 1882 in Betrieb genommen und das erste Auto mit Verbrennungsmotor 1886 patentiert. Die Elektromobilität hatte also bereits zu Beginn der Verkehrsrevolution einen entscheidenden Vorteil – die Ablösung der Pferdekraft durch den Motor. Allerdings musste sie viel länger auf ihre Entwicklung warten als der Verbrennungsmotor. Im Gegensatz zum Elektroauto hat der O-Bus jedoch stets seinen Platz an der Sonne behauptet und sich zu einem einzigartigen öffentlichen Verkehrsmittel entwickelt. Die Ölkrise des 20. Jahrhunderts trug ebenfalls zu seiner Entwicklung bei.
O-Bus ohne Stromabnehmner - Dieselaggregat vs. Batterie
Bevor wir genauer auf die verschiedenen Traktionsbatterietechnologien des Hybrid-Oberleitungsbusses eingehen, wollen wir uns ansehen, woher dieser eigentlich kommt. Um die betriebliche Schwäche des Oberleitungsbetriebs im stark schwankenden Umfeld des Straßenverkehrs zu verringern, wurden Oberleitungsbusse mit Teil- oder Hybridantrieben entwickelt. Der Hybridantrieb ermöglicht das Fahren abseits der Oberleitung. Dieser Antrieb kann batterie- oder motorbetrieben sein.
Dabei ist zu unterscheiden zwischen einem Hilfsantrieb, der nicht zum vollwertigen Fahren bestimmt ist, und einem Vollantrieb, durch den der O-Bus als vollwertiges Fahrzeug außerhalb der Reichweite der Traktionsleitung liegt. Während ein Hilfsantrieb in der Regel für den gelegentlichen kurzfristigen Einsatz ohne Oberleitung verwendet wird, z. B. für Fahrten im Wagenhaus oder für kurze Fahrten auf der Strecke außerhalb der Oberleitung, muss ein Vollantrieb das Fahren des O-Busses mit dem gleichen Komfort wie beim Fahren unter Oberleitung und für längere Strecken ermöglichen.
Beim Dieselantrieb wird ein Dieselaggregat zur Stromerzeugung für die Fahrmotoren des Fahrzeugs eingesetzt, meist als Hilfsantrieb. Diese Lösung stößt jedoch auf ein schwerwiegendes Problem, nämlich die Betriebseigenschaften. Das Dieselaggregat wird gestartet, wenn der Trolleybus die Oberleitung verlässt, das Fahrzeug fährt einige Kilometer und kehrt zurück. Während dieser kurzen Fahrt hat der Motor nicht einmal Zeit, sich aufzuwärmen und leidet stark, was sich auf seine spätere Ausfallrate und damit auf die Wartungskosten auswirkt (Anmerkung: Umgerechnet kann das Dieselaggregat mehr als 60 l/100 km verbrauchen!).
Der Batterieantrieb in Oberleitungsbussen kann als Hilfsantrieb oder als Vollantrieb dienen. Im letzteren Fall stellt er eine Herausforderung für Traktionsbatterien dar.
Der Einsatz einer Traktionsbatterie als Vollantrieb bedeutet, dass die Batterie Elektromotoren von 120 kW oder mehr in 12-Meter-Fahrzeugen und über 200 kW in 18-Meter-Fahrzeugen und länger antreiben muss, um die Fahrzeugdynamik zu erhalten. Hybrid-Oberleitungsbusse werden viele Male am Tag eingesetzt, um außerhalb der Oberleitungen zu fahren, und die Traktionsbatterien müssen somit zwei Anforderungen erfüllen:
Die erste Aufgabe besteht darin, eine hohe Leistung zu erbringen und über die geplante Lebensdauer viele Zyklen zu erreichen. Hinzu kommt als zweite Aufgabe die Forderung nach einer langen Lebensdauer der Traktionsbatterie – idealerweise so lange wie die Lebensdauer des O-Busses selbst, bevor er generalüberholt werden muss.
Batterietechnologie für den Vollbetrieb abseits der Oberleitung
Werfen wir also einen Blick auf die verschiedenen Batterietechnologien für den Vollbetrieb.
Wir werden bewusst nicht auf die NiCd/NiMh-Technologie (siehe den ersten Teil unserer Batterie-Universität) oder Nickel-Cadmium/Nickel-Metallhydrid-Batterien eingehen. Diese wurden vor dem Aufkommen der Lithiumbatterien als Traktionsbatterien verwendet und haben sich aufgrund ihrer Größe, ihres Wartungsbedarfs und anderer Eigenschaften als nicht ideal erwiesen. Blei-Säure-Batterien kommen ebenfalls nicht in Betracht, da sie zu schwer sind.
Von den derzeit verwendeten Technologien bleiben nur noch Lithiumbatterien übrig, die in der heutigen Elektromobilität überwiegend eingesetzt werden. Auch bei den Lithiumbatterien gibt es verschiedene Grundtypen. Schauen wir uns nun die am häufigsten verwendeten an, die als geeignete Kandidaten für eine Traktionsbatterie für einen Hybrid-Oberleitungsbus in Frage kommen. Zum Vergleich werden wir einige Spezifikationen heranziehen, die wir nun vorstellen werden:
Tabelle 1: Übersicht der Lithiumbatterieparameter
Parameter | Einheit | Beschreibung |
---|---|---|
Spezifische Energie | Wh/kg | Wie viele Wh enthält ein Kilogramm einer Traktionsbatterie, d. h. die Energiemenge in einem Kilogramm Traktionsbatterie (stellen Sie sich einfach das Gewicht des Tanks vor) |
Spezifische Leistung | W/kg | Batterieleistung pro Kilogramm des Gewichts |
Energiedichte | Wh/l | Die Menge an Energie, die wir in das Volumen von einem Liter stecken (stellen Sie sich einfach die Größe des Tanks vor) |
Leistungsdichte | W/l | Leistung, die uns das Volumen von einem Liter Batterie geben kann |
Anzahl der Zyklen | Anzahl der Zyklen | Anzahl der Lade- und Entladezyklen (wir gehen davon aus, dass für jede Batterie 80 % ihrer Gesamtenergie entladen und geladen wird) |
C-Rate | Anzahl von C | Kontinuierlicher Wert des Verhältnisses von Leistung/Kapazität |
Preis pro kWh | €/kWh | Wie viel Euro kostet eine kWh Batterie |
Preis pro kWh Zyklus | €/Anzahl der Zyklen kWh | Umrechnung in den Preis für einen Lade-/Entladezyklus |
Umrechnung in Kilometer | €/km | Umrechnung auf einen gefahrenen Kilometer bei einem Verbrauch von 2 kWh/km |
Stellen Sie sich nun die Kandidaten für die Traktionsbatterie eines Hybrid-Oberleitungsbusses vor. Die Elektromobilität im öffentlichen Verkehr wird von drei Lithiumbatterietechnologien dominiert: NMC (Lithium-Nickel-Magnesium-Kobalt-Oxid), LFP (Lithium-Eisen-Phosphat) und LTO (Lithium-Titan-Oxid). Diese unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und ihrem Preis, und jede ist für eine andere Anwendung geeignet.
Von den drei Technologien hat NMC die höchste spezifische Energie und Energiedichte. Wenn wir also dasselbe Volumen für eine Batterie betrachten, hat NMC in diesem Volumen die meiste Energie, gemessen in Wh. Dasselbe gilt für die Masse – wenn wir die gleiche Masse für alle drei Technologien betrachten, hat NMC die meiste Energie in Wh.
Betrachtet man die Batterieleistung, so ist LTO die beste Technologie, die bei gleichem Volumen und Gewicht die höchste Leistung bietet. LTO ist auch führend bei der Anzahl der Lade- und Entladezyklen.
In puncto Sicherheit liegen die LTO-Batterien vorne, dicht gefolgt von den LFP-Batterien (Lithium-Eisen-Phosphat).
Ein Vergleich der Parameter unserer Lithiumbatterietechnologien ist in Tabelle 2 dargestellt. Um den Vergleich fair zu gestalten, wird er für das Batteriesystem einschließlich des Gehäuses ohne das Kühlaggregat berechnet.
Tabelle 2: Vergleich der Traktionsbatterieparameter - Vergleich mit den internen Daten von Nano Power
Parameter | Einheit | NMC | LFP | LTO |
---|---|---|---|---|
Spezifische Energie | Wh/kg | 154 | 82 | 40 -50 |
Spezifische Leistung | W/kg | 231 Laden, 171 Entladen | 164 | 343 |
Energiedichte | Wh/l | 196 | 153 | 60 |
Leistungsdichte | W/l | 269 Laden, 200 Entladen | 306 | 462 |
Anzahl der Zyklen | Anzahl der Zyklen | 3.000 | 4.000 | 25.000 - 39.000 |
C-Rate | Anzahl von C | 1C konstant | 2C konstant | 8C konstant |
Preis pro kWh | €/kWh | 600 € | 550 € | 1.700 € - 2.300 € |
Preis pro kWh Zyklus | €/Anzahl der Zyklen kWh | 0,19 € | 0,14 € | 0,053 € - 0,064 € |
Umrechnung in Kilometer | €/km | 0,39 € | 0,28 € | 0,11 € – 0,13 € |
Beispiel
Um diesen komplexen Vergleich zu vereinfachen, zeigen wir an einem Modellbeispiel die Anforderungen an die Traktionsbatterie für den vollen Betrieb eines Hybrid-Oberleitungsbusses.
Stellen wir uns einen 12 m langen Oberleitungsbus vor, der mit einer Traktionsbatterie mit einem Verbrauch von 2 kWh/km zehnmal am Tag 10 km zurücklegen muss. Für jede Batterie nehmen wir an, dass wir zu Beginn maximal 80 % ihrer Energie entladen können, sodass wir die Zyklen gemäß Tabelle 2 berechnen können. Die erforderliche Lebensdauer der Batterie beträgt mindestens 7 Jahre, wobei das Fahrzeug 360 Tage pro Jahr in Betrieb ist. Das Fahrzeug benötigt 120 kW für seinen Antrieb.
Ausgehend von dieser Problematik berechnen wir die grundlegenden Parameter für die Auswahl der Traktionsbatterie und ihrer richtigen Größe.
a) Lebensdauer = Anzahl der Zyklen = 7 Jahre × 360 Tage × 10 Zyklen/Tag = 25.200 Zyklen.
b) Mindestenergiebedarf = 10 km × 2 kWh / km / 80 % = 25 kWh
Wir müssen eine Batterie mit einer Kapazität von mindestens 25 kWh auswählen, die 120 kW bereitstellen kann und eine Lebensdauer von 25.200 Ladezyklen hat.
a) NMC- und LFP-Batterien
Bei NMCs und LFPs müssen wir ihre Leistungsgrenzen berücksichtigen. NMC hat einen Strombelastungsfaktor (C-Rate) von 1C und LFP von 2C. (Anmerkung: Die C-Rate, d.h. der Strombelastungsfaktor, gibt die Lade- und Entladerate der Batterie an. Für den praktischen Gebrauch stellt er das Verhältnis zwischen der Lade- und Entladeleistung der Batterie in kW und ihrer Kapazität in kWh dar). Traktionsbatterien sind also in der Lage, konstant das 1-Fache (bei NMC) oder das 2-Fache (bei LFP) der in ihnen enthaltenen kWh an Energie bereitzustellen.
So benötigt die NMC-Batterie eine Kapazität von 120 kWh und die LFP eine Kapazität von 60 kWh.
Mit dieser Kapazität hat die NMC-Batterie eine Lebensdauer von mehr als 7 Jahren (die NMC-Batterie erreicht 25 % ihrer Energie, wenn sie auf eine Gesamtkapazität von 25 bis 30.000 Zyklen entladen wird, was für die geforderten 7 Jahre ausreicht).
Die Lebensdauer der LFP-Batterie wird jedoch weniger als 3 Jahre betragen, sodass wir die LFP-Batterie dreimal austauschen müssten, um die geforderte Lebensdauer von 7 Jahren zu erreichen.
b) LTO-Batterien
LTO-Batterien haben eine C-Rate von 8. Theoretisch würde eine Kapazität von 15 kWh ausreichen, um 10 km weit zu fahren, aber wir brauchen 25 kWh. Die Batterieleistung wird mehr als ausreichend sein – 200 kW zum Laden und Entladen. Die LTO-Technologie erreicht bis zu 39.000 Zyklen mit 80 % der ursprünglichen Energie, sodass die Lebensdauer der Batterie in diesem Fall mehr als 10 Jahre beträgt.
Berechnet man die Anschaffungskosten der verschiedenen Optionen gemäß Tabelle 2, so sind die LFP am teuersten, da sie bei einer Lebensdauer von 8,3 Jahren dreimal ausgetauscht werden müssen (Gesamtkosten: 99.000 €). Die NMC-Variante kostet ohne Ersatz 71.000 € und hat eine Lebensdauer von 7 Jahren. Die LTO-Variante mit einer Lebensdauer von 10 Jahren und einem Anschaffungspreis von 57.000 € ist die beste Option.
Dieses veranschaulichende Beispiel hilft bei der Auswahl der am besten geeigneten Traktionsbatterietechnologie anhand des Traktionsbatteriebedarfs von Hybrid-Oberleitungsbussen. Für den tatsächlichen Einsatz sollte man besser eine höhere als die minimal erforderliche Kapazität annehmen. In unserem Fall, in dem wir 20 kWh pro 10 km benötigen, sollte die optimale Kapazität der LTO-Traktionsbatterie 40 kWh betragen. Davon sind 20 kWh für den Normalbetrieb und der Rest als Reserve für Notfallsituationen vorgesehen, was auch die Lebensdauer des Batteriesystems erheblich verlängert. Das von uns gewählte LTO-System hat eine Lebensdauer von 100.000 Zyklen bei einer Nutzung von 50 % der installierten Energie (entspricht 10 km × 2 kWh/km aus einer 40 kWh-Batterie). Dies entspräche einer Lebensdauer der Traktionsbatterie von mehr als 25 Jahren.
Schlussfolgerung
Für einen Hybrid-Oberleitungsbus, der volle Batterieleistung benötigt, ist die LTO- oder Lithium-Titan-Oxid-Chemie für die Traktionsbatterie am besten geeignet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Hybrid-Oberleitungsbus eine relativ kurze Reichweite der Traktionsbatterie benötigt, andererseits aber hohe Anforderungen an die Anzahl der Ladezyklen und die nutzbare Leistung der Traktionsbatterie stellt. Aus diesem Grund ist auch die Technologie mit dem höchsten Preis pro kWh die günstigste Lösung, da der Hybrid-Oberleitungsbus im Idealfall eine große Anzahl von LTO-Zyklen nutzt. Wie wir in den nächsten Abschnitten der Batterie-Universität erörtern werden, ist die Auswahl der richtigen Batterietechnologie für bestimmte Anwendungen entscheidend. Umgekehrt können die Vorteile einer Technologie bei anderen Anwendungen von Nachteil sein, sodass der derzeitige und künftige Nutzer die Wahl der Traktions- oder stationären Batterietechnologie stets gebührend berücksichtigen sollte.